Podcast Episode #3

Versicherungen für Freelancer - welche gibt es, und brauche ich die wirklich?

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Gast

Sandra Löhning

Partner Manager Europe & Account Manager bei Exali

Show Notes

Es gibt die verschiedensten Versicherungsangebote für Selbständige, inbesondere Haftpflichtversicherungen werden oft angeboten. In dieser Episode gehen wir mit Sandra Löhning von unserem Partner Exali der Frage auf den Grund, wann und für wen diese Versicherungen wirklich Sinn machen.

Transkript

Willkommen bei Uplink, deinem Podcast zu Startups, Freelancing und The Future of Work.

Nick: Hallo und herzlich willkommen zu unserer dritten Podcast-Folge schon, in der wir heute über Versicherungen, insbesondere Haftpflichtversicherung für Freelancer sprechen. Ist natürlich immer so ein bisschen ein halbleidiges Thema, weil es irgendwie nicht zu dem Kerngeschäft gehört, es ist trotzdem für viele Freelancer von großer Bedeutung. Ich freue mich riesig, dass ich heute Sandra als Gast habe - von unserem Partner Exali - und ich würde auch vorschlagen, bevor wir gleich ganz tief in das Thema einsteigen, ist es natürlich superspannend, auch immer zu hören: Einmal kurz quasi deinen Hintergrund, vielleicht kannst du einmal sagen, wie du bei Exali gelandet bist und dich einmal kurz vorstellen.

Sandra: Hallo, Nick. Freut mich, dass ich heute da sein kann. Vielen Dank für die Einladung. Ich finde es immer gut, wenn ich ein bisschen Schwung und Transparenz reinbringen darf in das Thema Versicherungen, es ist ja oft sehr trocken. Schauen wir mal, wir geben unser Bestes, dass wir heute was Interessantes zusammenstellen.
Mein Name ist Sandra Löning, ich bin die Partnermanagerin bei der Exali-AG, komme ursprünglich aus dem Projektgeschäft, war also über 10 Jahre als Key Account und Accountmanager in der Textilbranche unterwegs und bin dann letztes Jahr im Januar zu Exali gewechselt, weil ich einfach auch den Wunsch hatte, ein bisschen mehr nicht so verhandeln und gegen den Einkäufer steuern, sondern ich wollte einfach gerne zusammen arbeiten und Partner aufbauen und einfach gemeinsam die Ziele verfolgen. Gefällt mir supergut, und ich bin natürlich auch aufgrund dieses Hintergrunds ganz tief im Thema Haftungsrisiken drin – das ist klar – und bin ganz gespannt auf deine Fragen.

Nick: Cool, das klingt auf jeden Fall superspannend. Die erste Frage, beziehungsweise so die Standardfrage, womit man, glaube ich, jedes Fass aufmacht: Mit welchen Anliegen kommen denn Freelancer in der Regel zu euch? Gerade auch im IT-Bereich. Was, würdest du sagen, sind so die Klassiker, mit denen Freelancer zu euch kommen? Vielleicht auch diejenigen, wo man nicht als Erstes direkt dran denkt?

Sandra: Wenn ich ganz ehrlich sein darf, viele Freelancer rufen einfach an und sagen: Mir passiert eigentlich nie irgendwas, aber der Auftraggeber will unbedingt, dass ich eine Versicherung nachweise und deswegen brauche ich jetzt eine. Das ist auch völlig in Ordnung, das ist mittlerweile einfach oft eine Vorgabe, dass eine gewisse Berufshaftpflichtversicherung, eine Deckung nachgewiesen wird. Ist auch cool und das können wir auch mit ein paar Klicks auf unserer Website so realisieren. Dann gibt es viele Freelancer, die sagen: Okay, ich bin verantwortlich für relativ große Projekte oder ich habe eine hohe Komplexität im Projekt, wo einfach auch mal eine Fehleinschätzung passieren kann. Die sind sich also der eigenen Risiken sehr bewusst. Die wissen: Okay, wenn ich eine fehlerhafte Bewertung abgebe im Consulting-Thema zum Beispiel, wenn ich irgendwie in einer Beratung einen Schnitzer reinhaue. Oder ich mache einen Programmierfehler, dann können da einfach Schäden draus entstehen und auch je nach Größe des Auftraggebers und je nach Projekt richtig fette Schäden, und die wollen sich dagegen absichern. Das ist so die Motivation der meisten Professionals, die zu uns kommen und die sich entsprechend versichern. Einige haben eben auch schon die Erfahrung gemacht, dass was passieren kann, und das sind dann die, die ganz besonders darauf achten, dass sie eine ordentliche Deckung haben. Dann gibt es natürlich auch welche, die irgendwann mal ganz plump eine Abmahnung bekommen haben, weil sie bei LinkedIn das Logo eines ehemaligen Auftraggebers irgendwo mit verlinkt hatten und dann gab es irgendwie eine Abmahnung wegen Rechtsverletzung. Ist natürlich auch versicherbar, ist ja klar. Das ist so die Motivation, warum jemand an Exali herantritt.

Nick: Jetzt hast du ja schon angesprochen, quasi einmal die Berater genannt. Da hat man natürlich gleich im Kopf: Irgendwie einen Strategieberater, der in einem großen Dax-Konzern, irgendwelche Kampagnen aufsetzt und da irgendwie gravierende Fehler macht. Lässt sich das denn irgendwie einfach clustern, was so die Anliegen sind je nach Branchen? Ihr habt ja auch so eine IT-Haftpflichtversicherung, wo ihr ja wahrscheinlich IT-Freelancer kennt, beziehungsweise gibt es da so eine klare Abgrenzung zu Branchen und Berufsgruppen? Ist das mehr allgemein zusammengefasst? Kannst du das ein bisschen abgrenzen? Das finde ich spannend.

Sandra: Grenze ich super gerne ab. Klar hat ein ITler und Freelancer ein anderes Schadenpotpourri als zum Beispiel ein Anwalt. Da geht es um andere Themen. Was wir oft haben bei unseren ITlern, bei den Freelancern auch: Das sind ja so Schäden, einfach durch fehlerhafte Programmierung, Schäden durch IT-Beratung – der ein oder andere ist sich vielleicht gar nicht so der Tatsache bewusst, dass er gerade eigentlich eine Consulting-Tätigkeit erbringt, weil das ja auch Teil der Tätigkeit ist im IT-Sektor. Wenn mich der Auftraggeber fragt: "Mensch, welche Software kann ich denn für Thema XY verwenden?", und ich berate hier und sage: "Okay, das Produkt ist super geeignet" – und dann stellt sich im Nachhinein heraus, das Produkt war eben nicht geeignet und es ist jetzt ein Schaden entstanden, dann ist das eine fehlerhafte Beratung.

Nick: Ganz kurze Zwischenfrage dazu: Kann ich mich denn da absichern als Freelancer durch eine gescheite Leistungsbeschreibung? Also oftmals ist es ja einfach so, die Leistungsbeschreibung, quasi da, wo die Aufgaben definiert werden in dem spezifischen Projekt, wo der Freelancer im Einsatz ist, und in der Regel ist das ja auch die Hauptvertragsgrundlage. Gerade so diese Beratungswelle, das kenne ich natürlich auch von unseren Freelancern, haben wir super oft. Zum Teil sind die auch im Projekt wegen was anderem, beraten aber am halben Tag vielleicht einen NVP, der eventuell bei unseren Start-up-Kunden gestartet werden soll, aber dann frage ich mich: Wenn das in der Leistungsbeschreibung nicht drinsteht, von reinen Entwicklertätigkeiten, neuen Features, API-Integration die Rede ist, bin ich denn da abgesichert oder ist das, wie das so schön oft rechtlich formuliert wird, eigentlich egal, weil es kommt darauf an, wie tatsächlich das Verhältnis oder der Beratungsauftrag aussieht?

Sandra: Natürlich kann man dann, wenn der Auftraggeber mal einen Anspruch erhebt und sagt "Du hast mir einen Schaden verursacht und dafür nehme ich dich jetzt in Haftung" – was dann bei Gericht irgendwann mal rauskommt, ob der dann wirklich haftbar gemacht werden kann, da ist ja noch ganz weit hin, weißt du? Mein Kollege hat immer so einen ganz süßen Spruch vor Gericht: "Auf hoher See sind sie in Gottes Hand." Das heißt, es ist tatsächlich relativ schwer, zu beurteilen, in welchem Umfang tatsächlich irgendjemand in diesem konkreten Projekt für etwas haftbar ist oder auch nicht, wie der Richter das interpretiert etc. Grundsätzlich kann man sagen, und das ist, glaube ich, das Wichtigste: Bei einer Berufshaftpflichtversicherung sollte man schon schauen, dass man eine offene Berufsbilddeckung hat – bei Exali ist das natürlich so, ist logisch – wo einfach das gesamte Berufsbild eingedeckt ist und auch daraus entstehende Schäden versichert sind. Da ist es, wie man in Bayern sagt, "Wurst", ob es um eine fehlerhafte Beratung geht, ob es darum geht, dass fehlerhaft Daten erfasst wurden, vom Freelancer eine verspätete Lieferung oder Leistung, ob eine Betriebsunterbrechung verursacht worden ist oder ob der Kunde sagt: "Ich habe einen Gewinnausfall durch dich erlitten", es ist alles versichert. Genauso eben auch, wenn der Kunde unterstellt, er hat hier fehlerhaft beraten, obwohl er "nur hätte developen sollen" also Software entwickeln sollen zum Beispiel. Das ist also tatsächlich ein ganz vielschichtiges Thema und es gibt viele verschiedene Schadensszenarien. Die sind entsprechend alle in der IT-Haftpflichtversicherung in dem Fall versichert, genauso wie "normale", nicht IT-spezifische Schadenfälle wie Verletzung von Urheberrechten oder Lizenzrechte oder DSGVO- Verstöße. Was wir neulich hatten, ist: Ein IT-Freelancer hatte eine relativ knackige NDA unterzeichnet, ist mit der Bahn gefahren, war supergestresst – vermute ich jetzt mal, also das ist jetzt meine Vorstellungskraft – war supergestresst wahrscheinlich und hat die Unterlagen liegen lassen in der Bahn. Da waren tatsächlich sehr detailreiche Dokumente von diesem Konzern enthalten in der Arbeitsmappe. Das ist dann Verlust von Arbeitsdokumenten, Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten – das ist natürlich auch versichert, klar. Gehört zur Tätigkeit dazu.

Nick: Ich habe jetzt noch eine Frage, die mir gerade noch aufgeploppt ist: Der Klassiker war bei Freelancern so – also von unserer Geschichte her – die zwei Vertragsarten, die die eigentlich immer eingehen, Dienstleistungsvertrag. Also dieses Klassische, entweder berät jemand oder entwickelt und wird quasi stundenweise bezahlt beziehungsweise stellt dem Kunden die geleisteten Stunden in Rechnung. Das andere Modell ist so ein Werkvertrag, quasi wenn ein NVP beim Start-up entwickelt werden muss oder eine kleine, überschaubare Software oder so. Das heißt, man schuldet quasi die Leistung und nicht einfach nur die reine Arbeitszeit. Gibt es denn irgend einen Unterschied, was die Haftbarkeit anbelangt beziehungsweise wann ein Versicherer zahlt, je nachdem, welcher Vertrag das ist? Oder ist das einfach komplett unerheblich und es geht rein um das Haftpflichtrisiko, das quasi abgesichert wird?

Sandra: Das ist in dem Fall ja, wenn es um diese allgemeinen Haftungsrisiken geht, nicht unbedingt interessant. Ein wichtiges Thema ist tatsächlich der Unterschied zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag, dann, wenn es um außerordentliche Kündigung beziehungsweise um Rücktritt vom Vertrag geht. Mal ganz grundsätzlich: Der Werkvertrag nach 631 folgend dem BGB ist ja wirklich ein Vertrag, in dem der Auftragnehmer ein konkretes Ergebnis schuldet, die Schaffung eines Werkes. Wie du schon gesagt hast, zum Beispiel eine kleine Software. Da habe ich in der Regel auch ein Lastenheft, einen Leistungskatalog. Das ist Vertragsbestandteil. Hier ist es so: Bei einem Auftrag auf Werkvertragsbasis hat also der Auftraggeber bei Schlechtleistung die Möglichkeit – klar, er kann Nachbesserungen oder Minderungen geltend machen – aber er kann auch vom Auftrag zurücktreten. Das bedeutet also, der Rücktritt vom Auftrag ist so, als hätte dieser Auftrag nie stattgefunden. Und das ist ein ganz massiver Unterschied zum Dienstvertrag. Wenn ich zurücktrete, passiert Folgendes: Der Auftragnehmer, also der Freelancer, erstattet das Entgelt, also den Lohn, den er erhalten hat, den erstattet er zurück, und der Auftraggeber gibt das Werk auch zurück. Vielleicht habe ich ja schon so ein kleines Inkrement oder so, das wird dann zurück erstattet. Beim Dienstvertrag ist es ein bisschen anders. Da schulde ich ja keinen Erfolg, also kein Abhaken dieser einzelnen Punkte aus dem Lastenheft, sondern im Dienstvertrag schulde ich Anwesenheit eigentlich. Acht Stunden am Tag erbringe ich eine Beratungsdienstleistung zu X. Hier ist es so, da kann ich außerordentlich kündigen, also vor dem vereinbarten Ablauf. Die Gründe, warum ich kündigen kann, sind in der Regel auch vertraglich definiert, unter anderem eben, wenn ein Schaden verursacht wird durch den Freelancer oder wenn eben auch eine Schlechtleistung erbracht wird. Dann kann ich unter Umständen außerordentlich kündigen als Auftraggeber. Hier ist es aber ein Unterschied: Ich kann ja die Leistung, die ich erbracht habe, nicht zurückfordern, weil ich kann es nicht raus operieren aus den Köpfen. Das geht nicht. Insofern ist das dann auch ein Punkt, wo es ganz schön knirscht beim ein oder anderen Vertrag, weil natürlich manche Auftraggeber, gerade auch so im Zuge von Corona und Kriegsereignissen etc. diese Situation, die es auch gerade gibt – nutzen manche Auftraggeber diese Möglichkeit, obwohl der Freelancer nichts falsch gemacht hat und keinen Fehler gemacht hat, und sagt dann: "Ich cancel das Projekt, ich bin da nicht zufrieden" und alles halt zu Lasten des Freelancers, obwohl es oft nur ein Vorwand ist, weil gerade die wirtschaftliche Lage angespannt ist, zum Beispiel.

Nick: Das war jetzt quasi ein Beispiel, wenn ich es richtig verstanden habe, wie easy es ist quasi im Werkvertrag zurückzutreten? Oder wie verhält sich das denn im Allgemeinen? Es ist ja super oft so, leider, gerade mit Corona war das wirklich so, dass alle Projekte wie du gesagt hast, gecancelt wurden. Oder auch wenn ein Projekt vorzeitig beendet wird, ist ja auch nicht immer – habe ich schon super oft erlebt – nicht ganz nachvollziehbar, wo es genau hakt, und super oft bei den Kunden, zum Beispiel bei so großen Digitalagenturen, oft auch einfach umpriorisiert wird – das Projekt dann von dem Endkunden doch nicht weitergeführt wird, der Endkunde vielleicht nochmal seine Meinung ändert. Fakt ist: Von heute auf morgen hast du vielleicht als Freelancer gerade einen Vertrag unterschrieben, denkst dir: Hey, ich bin safe, hab die nächsten 6 Monate ein Projekt 4 Tage pro Woche, und dann habe ich auf einmal nichts mehr. Ist das denn was, wo ich mich auch irgendwie absichern kann? Habe ich da irgendeine Möglichkeit, oder ist das tatsächlich einfach so ein Freelancer-Berufsrisiko mehr oder weniger?

Sandra: Tatsächlich ist das eine Frage, die wir ganz oft gestellt bekommen haben, gerade in den letzten zwei Jahren, weil es genauso ist, wie du beschrieben hast. Die lassen sich da irgendwelche Gründe einfallen und treten dann vom Vertrag zurück oder kündigen außerordentlich. Man kann unternehmerisches Risiko an sich nicht wirklich versichern. Was man versichern kann, ist zum Beispiel durch gewisse Zusatzbausteine, Zusatzmodule. Da muss man halt unterscheiden: Habe ich einen Werkvertrag oder habe ich einen Dienstvertrag? Beim Werkvertrag kann ich schon versichern, dass die Personal- und Sachkosten, die ich tatsächlich hatte, dass die dann der Versicherer übernimmt, wenn der Kunde – also mein Auftraggeber – berechtigt zurücktritt. Ein berechtigter Rücktritt ist: Haftpflichtgedanke – wir haben diesen Faden mal weitergesponnen – wann kann er berechtigt zurücktreten? Wenn ich den Schaden verursacht habe, wenn ich eine Schlechtleistung erbracht habe, wenn mir ein Schnitzer unterlaufen ist. Also Haftpflicht ein bisschen weiter gedacht, dann kann ich eben nicht nur die fremden Schäden versichern, die ich verursacht habe, sondern auch den eigenen Schaden, meine Personal- und Sachkosten, die ich jetzt hatte, auf denen ich sitzen bleibe, weil mir ein Fehler passiert ist – nein, die sind dann eben gedeckt durch die Erweiterung hier in der Haftpflicht.

Nick: Einmal kurz kumuliert für Laien wie mich, die das nicht verstanden haben: Personal- und Sachkosten, was sind das quasi für konkrete Kosten, die jetzt beim Freelancer entstehen regelmäßig?

Sandra: Personal- und Sachkosten sind vergebliche Aufwendungen, die ich hatte. Beispielsweise, ich habe für das Projekt eine Hardware ausgeliehen oder gekauft, ich habe da was aufgestockt, ich habe vielleicht einen Kollegen engagiert für ein besonders kniffligen Teil im Projekt, der mir da geholfen hat bei der Softwareentwicklung. Der hat mir vielleicht 2,3,4,5 Stunden in Rechnung gestellt. Oder ich habe zum Beispiel selber noch einen freien Mitarbeiter mit rein gebracht, weil das Projekt einfach zu umfangreich war für mich. Das wären Kosten, die entstehen können in so einem Projekt und das kann man dann entsprechend über einen Zusatzpunkt mit versichern im Werkvertrag. Im Dienstvertrag ist es so, dass ich eben auch hier meine Kosten versichern kann, also wenn der Auftraggeber außerordentlich kündigt, dann habe ich eben die Möglichkeit, auch meine Honoraransprüche bei einer berechtigten, außerordentlichen Kündigung einzureichen, also die Honoraransprüche sind dann versichert. Das reiche ich beim Versicherer ein, der prüft, ob die außerordentliche Kündigung rechtens war – das ist nämlich auch Versicherungsbestandteil, dass ein Anwalt da mal drüber schaut und sagt: Passt das überhaupt, war das berechtigt? Und dann sind eben auch meine eigenen Honoraransprüche versichert, das heißt, der Versicherer würde dann bis zu einer vereinbarten Höchstsumme mein Honorar an mich leisten und somit den Aufprall ein bisschen abfedern. Aber auch hier ist Grundvoraussetzung: Berechtigte außerordentliche Kündigung, weil eben nicht das unternehmerische Risiko versichert wird in Form von "Auftraggeber lässt mich einfach so im Regen stehen". Der begeht ja dann eigentlich auch Vertragsbruch, wenn er unberechtigt außerordentlich kündigt, das muss man auch so sehen. Da muss man tatsächlich dann auch überlegen als Freelancer: Gehe ich dann vielleicht vor Gericht, engagiere mir einen Anwalt und mache das eben geltend? Viele machen es nicht, weil sie sagen: "Dann kann ich ja nie wieder bei diesem Auftraggeber aktiv werden, wenn ich jetzt in diesem Projekt zickig bin und da nicht mitmache. Ist zwar ungerecht, ich habe jetzt einen finanziellen Nachteil, aber auf lange Frist will ich weiter mit dem zusammenarbeiten und deswegen lasse ich es jetzt mal gut sein." Das machen leider auch viele – oder was heißt leider, ist glaube ich so gängige Praxis.

Nick: Gerade bei unseren Freelancern aus der Community habe ich auch öfters schon mal mitgekriegt, dass da wirklich einige das ein paar mal durchgespielt haben und gesagt haben: "Das war jetzt gar kein großer Auftrag – weiß nicht, geht um ein paar tausend Euro – ist für einen Freelancer jetzt nicht super viel im IT-Bereich – und die gesagt haben: Ich will das nochmal hoch skalieren weil mich interessiert wie der Prozess ausgeht, und tatsächlich ist es dann auch so, wie du gesagt hast, dass die eigentlich immer - ich habe es nicht bis zum Ende nachverfolgt und in 90% der Fälle auch eigentlich ihr Geld wieder bekommen haben. Das heißt, das ist ja superspannend, bei so einer berechtigten Kündigung kann ich mich trotzdem irgendwie absichern lassen. Deswegen ist es ja auch oft - was ich teilen kann - aus der Unternehmensperspektive: Die Unternehmen überlegen sich schon, wie lange auch wirklich realistisch der Einsatz ist. Was würdest du eher machen, lieber erst mal einen kurzen Vertrag wo ich sicher zusichern kann, der kann dich auch irgendwie zwei, drei Monate beschäftigen, und dann gibt es gleich Verlängerung? Das macht ja auch wesentlich mehr Sinn als gleich für ein Jahr zu hiren, sage ich mal oder ein Projekt auszuschreiben. Es sei denn du bist jetzt der Großkonzern und weißt, wenn das nicht passt, kann ich die Freelancern in einem ähnlichen Projekt unterbringen.

Sandra: Klar. Ich meine, es ist auch fair – finde ich – für den Freelancer, für den Solo-Selbstständigen, dass man wirklich da mit Bedacht vorgeht, weil es ist ja auch eine Existenz. Der sagt ja auch vielleicht den ein oder anderen Gig dann ab oder Auftrag, den er vielleicht sonst hätte annehmen können, weil er sagt: "Ne, ich bin da occupied, ich habe da schon was" und sagt vielleicht zwei, drei andere interessante Sachen ab, das kann es auch nicht sein. Wie gesagt, gegen einen Teil kann man sich so ein bisschen versichern, aber das Risiko an sich ist halt ein anderes als der Arbeitnehmer hat, das ist auch klar. Dafür hat man aber vielleicht auch die eine oder andere Freiheit mehr, die ein Arbeitnehmer hat.

Nick: Genau, deswegen startet man ja auch meistens mit ein bisschen kalkulierten Projektleerlaufzeiten und der Kunde candelt in der Regel auch einen als Freelancer. Was ich auch superspannend finde, ist: Wenn ich an Privathaftpflicht denke, wo man ein paar Euro mehr pro Monat bezahlt und früh gesagt bekommt, jeder soll die haben – sind irgendwie Schäden bis 30 Millionen Euro abgesichert. Das ist so eine absurd hohe Zahl auch im privaten Bereich, und wenn man wirklich einmal drüber nachdenkt: Man hat einen Wasserschaden in der Wohnung, lässt das Wasser laufen oder den Herd an und das halbe Haus brennt, so diese klassischen Superhorrorszenarien, die man im Kopf hat und dann eben auch regelmäßig mal in den Zeitungen liest, dass genau das jemandem passiert ist und man dann froh ist, abgesichert zu sein. Wie gestaltet sich denn die Bemessung von so einer Schadenshöhe jetzt für einen Freelancer? Ist das superstark branchenabhängig, gibt es da irgendwelche Roundabout-Werte, wo du sagst, so sollte man eigentlich immer gehen, wenn man in der und der Branche arbeitet? Worauf muss ich denn achten, wenn ich da als Freelancer eine Versicherung abschließe? Zum Teil gibt es ja auch Versicherungen auf dem Markt, die versuchen supergünstig zu sein und sagen, du bist bis zu dem und dem Betrag abgesichert, aber ich finde, die Beträge sind so abstrakt, dass man irgendwie gar nicht wirklich weiß: Was ist denn realistisch und was muss ich machen?

Sandra: Ich kann mal so kleine Benchmarks geben, was so an Schäden passiert von der Schadenshöhe her, und daraus hat man ganz gut die Möglichkeit, abzuleiten, welche Versicherungssumme für mich interessant ist und was ich brauche, was gedeckt sein soll. Gängige Schäden, wenn wir über Rechtsverletzungen reden: Ein Logo verwendet, gegen die DSGVO verstoßen, an jemand anderen eine Mail geschickt – diese Geschichten, so kleinere und mittlere Rechtsverletzungen, da reden wir über ein paar hundert, ein paar tausend, vielleicht auch mal über ein paar 10.000 Euro. Da muss ich mir aber schon Mühe geben.

Nick: Also ein Logo quasi kommerziell nutzen oder so.

Sandra: Mein Lieblingsbeispiel: Ich mache einen Webshop auf und denn nenne ich www.gucciversaceprada.com. Dann habe ich eine relativ hohe Chance, dass ich wirklich eine Abmahnung mit Schmackes bekomme von mehreren High-Fashion-Modehäusern. Das wäre dann teuer. Das wäre aber auch fast Vorsatz und Vorsatz ist nie versichert, weil, ist ja klar. Grob fahrlässig ja, leicht fahrlässig auch, aber wenn ich mit Absicht einen Schaden verursache, wird das kein Versicherer eindecken.

Nick: Aber es könnte ja auch passieren... also ich finde, es gibt ja so viele Marken, so einen großen Dschungel an Dingen: Wenn ich ein Unternehmen bin und hire mir einen Grafikdesigner oder mache das gar selbst und erstelle mir ein Logo, was dann aber irgendwie eine Ähnlichkeit hat mit einem Logo in einer anderen Branche, was vielleicht sogar fast gleich aussieht und ich weiß das nicht. Ohne das zu wissen, starte ich meinen Shop und auf einmal kriege ich eine Anfrage rein: Markenmissbrauch, oder "du hast unser Logo kopiert". Ich glaube, sowas kann heutzutage in dieser Unmengenflut an Markenlogos etc. leicht passieren. Was wäre denn in so einem Fall beispielsweise?

Sandra: Klar, sowas kann natürlich passieren und sowas ist auch voll versichert. Logisch. Ich kann ja auch beispielsweise – dass muss gar nicht so ein ganz großes Versehen sein – ich kann zum Beispiel auch als Designer hergehen und sagen: Ich bringe jetzt ein neues Handy raus, da gibt es einen Hersteller, der hat einen Apfel als Logo und vom Style her möchte ich auch so agieren, will aber natürlich nicht kopieren und ich nehme jetzt stattdessen eine Birne und baue das so um, denke, das ist gut und designe ein eigenes Logo, das aber eine Birne ist. Das hält ja trotzdem die Firma mit dem Apfel nicht davon ab, dass sie eine Abmahnung schicken. Eine Abmahnung kann erst mal jeder schicken, ich kann dir morgen auch eine Abmahnung schicken und sagen: Mensch Nick, ich mahne dich jetzt ab, weil der Podcast war so aufregend – du hast mich so geschädigt, ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, jetzt habe ich einen Riesenauftrag versemmelt. Schicke ich dir mal eine Abmahnung. Behaupten kann ich erst mal alles. Deswegen ist es ja auch wichtig bei einer Versicherung: Jede Versicherung hat auch als Aufgabe, wenn, falls eine Forderung kommt oder eine Abmahnung, prüfen die auch dich immer: Hey, ist die überhaupt gerechtfertigt? Wenn die ungerechtfertigt ist, stellt dir der Versicherer auch einen Juristen an die Seite, der das Ding für dich abwehrt auf Kosten des Versicherers, der dann sagt: Hey Nick, was die Sandra dir da schreibt, die Abmahnung ist super BS. Das ist Quatsch, das wehren wir ab auf unsere Kosten und dann löst sich das Ganze für dich in Wohlgefallen auf. Eine Schadenhöhe, wenn ich jetzt im Projekt bin – grundsätzlich lege ich mir immer, wenn ich ein Freelancer bin: Welche Versicherungssumme brauche ich? Brauche ich 500.000, eine Million oder brauche ich fünf Millionen? Ich überlege mir, für welche Auftraggeber ich arbeite. Ist es der große OEM, führe ich ein Wirtschaftssystem bei Audi ein? Hui, dann würde ich wirklich eine relativ hohe Versicherungssumme buchen, weil wenn ich einen Fehler mache, und ich lasse mal so meine Fantasie spielen: Wenn bei mir ein Tag richtig mies läuft und ich haue einen richtigen Hund rein, was kann ich als Schaden verursachen? Das sollte – realistisch überlegt natürlich, nicht Herr der Ringe zusammen fabulieren, sondern realistisch kalkuliert: Was kann ich verbocken? – das sollte ich dann auch versichern. Wenn ich ein ITler bin, der sich auf Netzwerke für kleine Unternehmen spezialisiert hat – das heißt, ich richte beim Bäcker Müller um die Ecke richtig das Netzwerk ein, mit zwei PCs für die Buchhaltung und einem an der Kasse – dann brauche ich eine andere Versicherungssumme als ein leitender Projektmanager, der im Automotive agiert und hier große Projekte mit mehreren Teams zum Beispiel anführt. Das ist einfach ein anderes Risikoprofil. Also was könnte ich im schlimmsten Fall verbocken, wie viel würde das kosten? Das schaue ich, dass ich es versichere. In der Regel, gängige Deckungssummen oder Versicherungssummen sind zwei Millionen Euro für Personen- und Sachschäden, das wäre die Büro- und Betriebshaftpflichtversicherung. Das heißt, wenn ich im Meeting an der Assistentin vorbeigehe zu schwungvoll und die stürzt wegen mir die Treppe runter und bricht sich das Rückgrat, dann sollte das versichert sein, weil sowas passiert nicht oft, aber wenn es passiert, ist es teuer. Deswegen sind die Personenschadenversicherungssummen auch so hoch, was du vorhin gesagt hast mit irgendwie 10 Millionen. Das ist wichtig bei Personenschäden, klar. Bei Vermögensschäden ist eine gängige Versicherungssumme 300.000 Euro, 500.000 oder auch eine Million, wenn ich im Konzernumfeld agiere, in großen Projekten, also sprich: Wenn ich einen Webshop aktualisiere und an dem Webshop arbeite, und der ist dann für eine Woche irgendwie down, weil mir ein Fehler unterlaufen ist, und es ist der Webshop von der Schneiderei Huber mit 10 Besuchern in der Woche, dann brauche ich eine andere Versicherungssumme, als wenn ich für Amazon arbeite und da irgendwas platt mache. Das wäre schlecht. So kann man es ein bisschen herleiten.

Nick: Weißt du, was die höchste Versicherungssumme war, die ihr mal gemacht habt und in welcher Branche der Freelancer war? Hast du da irgendein Beispiel?

Sandra: Ja. Wir bei Exali sind ja spezialisiert auf kleine und mittlere Unternehmen und primär halt auf Freelancer. Deswegen kann ich jetzt natürlich nicht die mega-coolen Riesensummen aus dem Hut ziehen, so wie: Wir haben die Bayer-AG für 685 Milliarden versichert oder so. Das haben wir nicht. Freelancer – das maximale, was wir so haben, ist tatsächlich 5 oder 10 Millionen Euro für reine Vermögensschäden. Und das ist schon sehr hoch, das gibt es. Wir haben zum Beispiel so Consulters, die auch im MNA-Bereich aktiv sind oder wenn die so bei Unternehmensfusionen – ist ja MNA – dabei sind oder wenn es so um Finanzthemen geht, wo ein Beratungsfehler wirklich massive Auswirkungen haben kann oder ein IT-Freelancer, der eben an einem wahren Wirtschaftssystem beteiligt ist von einem großen Konzern oder Ähnliches, da kann das schon mal vorkommen, dass die 5 oder 10 Millionen dann versichern für reine Vermögensschäden. Die meisten haben aber tatsächlich so eine Million vielleicht an Vermögensschäden, 500.000 – oder wenn jemand sehr sicherheitsorientiert ist, 1,5 oder 2 Millionen, das ist alles. Manchmal ist ja auch vorgegeben in der Ausschreibung vom Auftraggeber.

Nick: Und wie läuft das quasi ab einen Schritt weiter, wenn Schaden eintritt? Wie geht es dann weiter? Müssen dann superviele Fragen beantwortet werden? Ich hatte tatsächlich auch mal mit der Privathaftpflicht einen Fall und leider war das auch ein bisschen unschön. Ich hatte meine Haustürschlüssel beim Reisen in Italien verloren und hatte denen das auch so geschildert, habe das dann dem Haftpflichtversicherer geschildert – könnte ja auch einem IT-Freelancer passieren, dass du den Schlüssel vom Unternehmen verlierst, meistens sind es ja Karten, die deaktiviert werden können. Jedenfalls hat mein netter Versicherer gesagt: "Das war in Italien, es gibt keinen Grund, die Schlösser auszutauschen", der Vermieter hat trotzdem alle Schlösser ausgetauscht und im Endeffekt musste ich die 800 Euro für den kompletten Schlösseraustausch in dem Haus – weil das so ein cooler, moderner, neuer Schlüssel war, wo du quasi unten an der Haupthaustür und meine eigene aufschließen konntest – dann selbst bezahlen. Das war natürlich auch super-ärgerlich, das war so der erste Fall, wo ich denke: Cool, da hast du einen Haftpflichtversicherer, das ist genau der Fall, und dann haben die sich natürlich schön raus gesneakt. Konnte ich auch nicht ganz nachvollziehen. Im Endeffekt saßt du dann da und konntest nichts machen, aber wie läuft das denn generell ab? Ist das eine umfangreiche Prüfung, wo du durch ein hartes Interview musst, bevor du das einreichen kannst oder wie ist da das Doing?

Sandra: Deine Geschichte, die hätte eigentlich anders laufen sollen, Nick. Ich erkläre es gerne mal. In jedem Fall, wenn ein Brief kommt, wenn ein Auftraggeber sagt: Du hast einen Schaden verursacht, wenn was schon angedroht wird, erst mal gleich anrufen. Kurz bescheid geben, kurz mal Rücksprache halten auch mit dem:r AccountmanagerIn:Hey, da steht was im Raum, das und das könnte passieren oder das ist schon angekündigt worden, weil dann kann man erst mal schon das weitere Vorgehen besprechen. In der Regel wird dann der Accountmanager/ der Kundenbetreuer sagen: Abwarten, bis schriftlich was da ist und dann reichen wir es eben beim Schadensjuristen/ beim Versicherer ein. Oder in manchen Fällen kann es auch sein, dass man eben gleich den Schaden weiter meldet, um vielleicht einen drohenden Schaden noch abzuwenden oder mindern zu können, das gibt es auch. Deswegen erst mal anrufen und sprechen. Dann wird in der Regel der Kundenbetreuer/ Accountmanager ein Formular raus schicken, ein Schadenformular, da trage ich alles ein. Wer bin ich, wie lange bin ich versichert, was ist denn genau passiert, wer ist denn schuld meiner Meinung nach? Dann schicke ich alle Dokumente per Email mit, die ich bekommen habe. Kommunikation mit dem Auftraggeber, den Vertrag, der Grundlage ist für die Zusammenarbeit. Alles, was ich so rund um diesen potenziellen Schadenfall habe, schicke ich mit. Dann wird es aufbereitet, bei uns im Haus bringen wir das in eine bestimmte Form, dass es der Schadensjurist zügig durcharbeiten kann. Wir schicken es dann rüber zum Schadensjuristen, der prüft das und innerhalb von ein paar Arbeitstagen kommt dann eine entsprechende Rückmeldung. Oftmals ist es so, dass man sich dann auch miteinander abstimmt, dass der Schadensjurist dann direkt mit dem Versicherungsnehmer spricht und sagt: Mensch, wie ist denn deine Einschätzung? Ist es gerechtfertigt, ungerechtfertigt, ich sehe es so, ich denke, man könnte es so vertreten. Der Versicherer kann einen eigenen Anwalt an die Seite stellen, das sind in der Regel Fachleute, also Fachanwälte, die nur Thema X bearbeiten, oder wenn der Versicherungsnehmer einen eigenen Anwalt hat, dann kann auch der verwendet werden, insofern der eben einen normalen Satz abrechnet. Nicht so ein Staranwalt für 5000 die Stunde, das wird schwierig. Dann geht das Ganze in die Bearbeitung, das ist klar, und in deinem Fall – das ist, glaube ich, nicht so ganz richtig gelaufen, wenn ich das so sagen darf. Das ist jetzt eine Ferndiagnose, aber vom ersten Eindruck her: Jeder Haftpflichtversicherer hat verschiedene Leistungsbereiche. Leistungsbereich eins ist, der muss prüfen, ob der Anspruch gerechtfertigt ist. Das heißt in deinem Fall, der hat an dich den Anspruch gerichtet: Lieber Nick, du hast den Zugangsschlüssel verloren, ich stelle an dich den Anspruch "Ich will alle Schlösser austauschen, und du zahlst es". Du stehst dafür gerade. Der Versicherer prüft dann: Ist der Anspruch gerechtfertigt? Ja, er hat den Schlüssel verloren, aber es ist ein Ferienapartment zum Beispiel, das ist gar kein gerechtfertigter Anspruch, die Schadenshöhe zum Beispiel ist nicht gerechtfertigt, also besteht gar keine Verpflichtung von dir, dass du für den Austausch der Schlösser leisten musst. Dein Versicherer hätte diesen Anspruch abwehren können und einen Brief schreiben können an den Vermieter: Wir leisten hier nicht, weil der Anspruch in dem Ausmaß nicht gerechtfertigt ist. Und dann wäre das für dich erledigt gewesen.

Nick: Ich hatte auch zu lange gewartet, weil im Endeffekt hatte ich meine Haustürschlüssel für meine deutsche Wohnung verloren im Ausland. Daraufhin hat der Versicherer gesagt: Sie bezahlen nicht, weil das im Ausland passiert ist und somit die Wahrscheinlichkeit supergering ist, dass die Schlösser ausgetauscht werden müssen. Das Problem ist aber trotzdem, ist der Anspruch meiner Meinung nach gerechtfertigt gewesen, weil im Mietvertrag auch drin stand: Wenn du die Schlüssel verlierst und die Schlösser ausgetauscht werden müssen, haftest du. Ist auch schon zweieinhalb Jahre her, aber war einfach so ein unschöner Fall, wo ich dachte, das kann eigentlich nicht sein.

Sandra: Das kann natürlich sein, dass es in den Versicherungsbedingungen drin steht so als Ausschluss: Ja, wir decken Ihre Haftung bei Schlüsselverlust, aber nicht, wenn es im Ausland passiert. Das kann sein. Und dann hat er recht, ist aber auch mies, weil wenn da drin steht "Haftet bei Schlüsselverlust", dann denke ich, dass der auch leistet, wenn ich bei Schlüsselverlust eben haften muss. Grundsätzlich: Der Versicherer prüft, ob die Ansprüche so passen. Wenn der Schadenersatzanspruch begründet ist, dann leistet der Versicherer – also abzüglich einer eventuell vereinbarten Selbstbeteiligung natürlich – und wenn es erforderlich ist, ist es auch so, dass der Versicherer eben auf Kosten des Versicherers unberechtigte oder überhöhte Schadenersatzforderungen abwendet durch ein außergerichtliches oder manchmal auch gerichtliches Verfahren. Das sind so die Leistungen, die jeder Versicherer – egal ob Privathaftpflicht oder Berufshaftpflicht, ist ja das selbe Produkt grundsätzlich, nur der Anwendungsbereich ist ein anderer – das sind die üblichen Leistungsbereiche.

Nick: Okay, jetzt nochmal zurück – fernab von meiner superguten Versicherungsberatung – noch eine Frage, weil da sind wir auch in letzter Zeit drüber gestolpert, weil es eben auch für viele Freelancer relevant ist: Der Klassiker in der Haftpflichtversicherung ist ja für Freelancer IT-Haftpflicht, aber immer öfter sehe ich auch, dass die Rede ist von einer Cyberversicherung, die verschiedenste Versicherungsanbieter im Moment für Freelancer anbieten. Was sind denn da die Unterschiede? Es klingt irgendwie ähnlich, alles irgendwie mit Netzwerk – bei Cyberversicherung denke ich auch an diverse Webseiten, die falsch erstellt worden sind oder irgendwie Hacker sich in irgendwelche CMS- Systeme einloggen, die ich vielleicht als Freelancer konfiguriert habe. Was sind da die Unterschiede? Ist das das selbe, neues Wording oder was steht dahinter?

Sandra: Ja, kann ich verstehen wie du das herleitest. Das ist eine andere Versicherung, also es versichert andere Schadenszenarien. Aber es hat auch eine Schnittmenge, also du hast auch den richtigen Riecher gehabt, weil es sich schon so ein bisschen überschneidet. Ein Cyberschadenfall wäre zum Beispiel: Ich schicke dir eine Email, also mein Rechner ist kontaminiert mit einer Malware. Und ich weiß das aber nicht und schicke dir fröhlich Emails und leite dadurch diese Schadsoftware an dich weiter. Bei dir stürzt daraufhin das komplette Uplinknetzwerk ab, eure Website ist nicht mehr erreichbar, Riesenschaden, alles Mist. Dann habe ich aus Versehen, weil ich Opfer einer erfolgreichen Cyberattacke geworden bin, mich infiziert, habe es an dich weitergeschickt, einen Riesenschaden verursacht. Das ist ein sogenannter Fremdschaden durch eine Cyberattacke. Das ist bei Exali in der normalen IT-Haftpflichtversicherung schon automatisch mit versichert. Das ist so ein bisschen Haftpflicht – ich habe einen Schaden verursacht, klar war ich eigentlich nicht schuld, aber ich habe es ja angestoßen, weil ich dir die Email geschickt habe. Das ist ein Fremdschaden, der ist mit versichert – Fremdschaden durch Cyberattacke, ein Cyberschaden. Dann gibt es aber eben auch Cyberversicherungen, die explizit alles absichern, was durch Cyberattacken passieren kann. Das heißt, eine eigenständige Cyberversicherung würde dann eben auch mich versichern. Ich habe ja jetzt eine Malware auf dem Rechner. Wenn ich jetzt eine eigenständige Cyberversicherung hätte, dann könnte ich da bei der Notfallhotline anrufen und sagen: Hey, ich habe eine Cyberattacke erlitten, helft mir. Dann würden meine IT-Systeme, meine Daten schnellstmöglich wieder hergestellt werden, ich hätte also IT-Forensiker an meiner Seite, und die Kosten dafür würde der Versicherer übernehmen. Genauso wie eben Betriebsunterbrechung kann ich mit versichern, Betriebsunterbrechung durch eine Cyberattacke – da leistet der Versicherer – oder ich werde erpresst, dann kann der Versicherer sogar Lösegeldzahlungen leisten und es ist mit versichert. Cool, oder? In der IT-Haftpflicht haben wir die Möglichkeit, sowas durch einen Zusatzbaustein, so eigene Schäden durch Cyberattacken kann ich noch ein bisschen mitversichern durch den Zusatzbaustein, aber viele Unternehmen, gerade auch die größeren, brauchen eine Berufshaftpflicht für "Ich mache beruflich was falsch" und... Stell dir einen Arzt vor, eine Arztpraxis. Der hat eine Berufshaftpflicht für Behandlungsfehler und dann hat er noch eine Cyberversicherung, weil wenn die Damen und Herren ArzthelferInnen zum Beispiel einen Virus reinlassen und dann werden alle Patientendaten im Darknet verkauft, das ist ein massiver Cyberschadenfall und die brauchen, glaube ich, schon sofort eine Notfallhotline und IT-Forensiker, weil das ja auch sehr sensible Daten sind und da kann auch viel Schindluder getrieben werden. Da wäre also eine eigenständige Cyberversicherung eine gute Idee. Aber das ist so die Abgrenzung.

Nick: Sind zwei verschiedene Dinge und eine Cyberversicherung im Endeffekt ersetzt nicht die Haftpflichtversicherung. Muss man wirklich quasi gut überlegen.

Sandra: Cyberschäden also durch Cyberattacken, und das andere Schäden, die ich verursache in Ausübung meiner Tätigkeit. Das ist so der Unterschied. Habe ich das gut erklärt oder war das zu viel Versicherungsgedings?

Nick: Ich glaube, man kann es auf jeden Fall supergut greifen. Auf jeden Fall, vielen Dank, dass du aus diesem Thema die Trockenheit rausgenommen hast. Im Endeffekt sind es ja einfach so ein paar Fragestellungen, die man als Freelancer durchgehen sollte. Was sind so die Schäden, für welche Risiken will ich absichern, und dann ist ja auch das Gute wie bei so Steuersachen, dann ist es einmal gemacht und dann kann man damit eigentlich ganz gut leben. Sind so diese Sachen, die man im Januar erledigen will und dann ewig lang auf der Liste vor sich herschiebt, und dann kann man da eigentlich ganz gut starten. Danke auf jeden Fall für deine Zeit, hat mir wie immer superviel Spaß gemacht. Wie sieht bei dir heute der Rest des Tages aus?

Sandra: Ich habe am Nachmittag noch einen schönen Termin, da plane ich noch ein tolles Event und dann habe ich tatsächlich einen Schadenfall auf dem Tisch, den ich bearbeite. Übrigens außerordentliche Kündigung von einem Dienstvertrag. Da gehe ich gleich ans Eingemachte und abschließen werde ich abends mit einer Runde Yoga und das wars. Und bei dir?

Nick: Ich bin gerade in Valencia, wie du siehst im Hintergrund, und habe morgen Urlaub, deswegen werde ich heute Abend den Tag ausklingen lassen. Ich bin froh, dass wir alle remote arbeiten können.

Sandra: Herrlich. Wünsche dir viel Spaß. Danke für die Einladung, Nick.

Nick: Sehr gerne.