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Meet the Uplink Community – Interview mit Manuel Bieh

· 9 Minuten Lesezeit

_Die Uplink-Community wächst und wächst. Zeit, euch unsere Mitglieder einmal persönlich vorzustellen. In unserer Interview-Reihe "_Meet the Uplink Community" gehen wir darum mit einem unserer Mitglieder ins Gespräch und hören nach, was sie oder ihn zum Freelancer-Sein bewogen hat, welche Hürden im Freiberufler-Dasein zu überwinden sind und was abseits der Auftragsjobs sonst noch so los ist.

Heute: React-Spezialist Manuel Bieh

Manuel, was hat dich dazu bewegt, dich selbstständig zu machen?

Das ist tatsächlich gar nicht so leicht zu beantworten, da es für mich, glaube ich, deutlich mehr Gründe gab, mich selbstständig zu machen, als dass es Gründe gab, das nicht zu tun. Ein wichtiger Grund ist, dass mir schnell langweilig wird, wenn sich Routine in meinen Alltag einschleicht. Jahrelang der gleiche Job mit den überwiegend gleichen Kollegen, im gleichen Büro, mit den zum Großteil gleichen Technologien, tagtäglich am gleichen Produkt arbeiten, das ist einfach so gar nicht meins. Der sichere, unbefristete Job im Konzern, den man bis zum Rentenalter ausübt – für manche ein großer Wunsch – ist für mich eine grausame Vorstellung.

Noch dazu ist das für mich für den Kopf auch nicht so einfach, wenn es da formell jemanden gibt, der für dich entscheidet, welche Projekte du machst, oder wann du Urlaub nehmen darfst und wann nicht. Ich bin da zu sehr Freigeist. Und auch wenn ich mich als Freelancer natürlich auch beim Kunden an Projektplänen orientieren muss und mir mein nächstes Projekt auch nicht immer ganz so frei aussuchen kann, wie ich das manchmal gern möchte, so ist das für mich doch ein großer Unterschied – zumindest theoretisch – frei in meinen Entscheidungen zu sein. Diese Freiheiten möchte ich jedenfalls nicht mehr so schnell wieder hergeben.

Mit welchen Kunden und Technologien arbeitest du am liebsten?

Was die Kunden angeht, bin ich da sehr offen und habe schon für die unterschiedlichsten Unternehmen aus den verschiedensten Branchen gearbeitet. Vom Startup über Mittelstand bis zum internationalen Großkonzern war da alles dabei. Von der hippen Modebranche über die konservative Buchhaltung bis zur Autoindustrie. Da lege ich mich nicht wirklich fest, solange das Produkt, das entwickelt werden soll, spannend ist und mich reizt. Ein wichtigerer Faktor ist da das Team beim Kunden – obwohl man hier leider zu selten die Gelegenheit hat, das ganze Team oder auch nur Teile davon vor dem Projektstart besser kennenzulernen.

Technologisch habe ich mich 2015 auf React als meine Kernkompetenz festgelegt. Während ich davor immer eher Generalist war und von Backbone über jQuery bis Angular oder Node.js schon vieles gemacht habe, was gerade eben gefordert war, habe ich 2015 beschlossen, mich auf React als Technologie zu spezialisieren. Einerseits weil ich viele Ansätze, die React gewählt hat, sehr mag und mir die Arbeit in meinen ersten React-Projekten sehr viel Spaß gemacht hat, andererseits aber auch, weil ich da ein sehr großes Potential gesehen habe und immer noch sehe. Ich denke, dass React eine ähnliche Dekade prägen wird, wie jQuery das zwischen 2007 und 2017 getan hat, als jQuery wirklich sehr dominant in so ziemlich jeder Projektausschreibung erwähnt wurde. Inzwischen habe ich so viele Projekte mit React gemacht und so viele unterschiedliche Erfahrungen damit gesammelt, dass ich all das in einem Buch niedergeschrieben habe, das ich im April 2019 dann nach gut einem Jahr auch veröffentlicht habe.

Was sind für dich persönlich die Vorteile des Freelancens? Wo siehst du Schwierigkeiten?

Die Vorteile des Freelancens habe ich eben ja schon kurz angerissen: Das sind vor allem die Freiheiten, die man hat. Für mich persönlich kommt aber auch die Abwechslung hinzu, da man regelmäßig neue Eindrücke sammelt – in neuen Projekten, mit neuen Ansätzen, mit völlig neuen Menschen zusammen. Für mich ist das ein enormer Vorteil, da ich grundsätzlich sehr neugierig bin, gern neue Dinge erlebe und ausprobiere und auch gern neue Leute kennenlerne und Kontakte knüpfe.

Die Schwierigkeiten sind die typischen, die jeder Selbstständige kennen dürfte: Neben seiner eigentlichen Arbeit darf man sich mit bürokratischem Blödsinn herumschlagen, muss permanent Neukundenakquise betreiben, seine Steuern fristgemäß einreichen, etc. Dann hat man natürlich immer irgendwo auch eine gewisse Unsicherheit, da man eben nicht den unbefristeten Konzernjob hat, sondern stets dem Risiko ausgesetzt ist, dass man vielleicht mal kein nahtloses Anschlussprojekt findet.

Alles in allem ist es schon mitunter recht anstrengend, als Freelancer professionell zu arbeiten. In Gesprächen mit einigen festangestellten Kollegen hatte ich den Eindruck, dass sich viele das Leben als Freelancer deutlich zu einfach vorstellen. Das ist es nicht. Regelmäßig Interviews für neue Projekte zu führen, diese Projekte überhaupt erst einmal zu akquirieren, sich regelmäßig in neue Themen einzuarbeiten, bei neuen Unternehmen mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Ich glaube, da muss man schon der Typ für sein. Ich habe einige Leute kennengelernt, die das auch mal probiert haben, dann aber schnell für sich gemerkt haben, dass der ganze Stress es dann doch nicht wirklich wert ist. Das muss aber sicher jeder für sich selbst entscheiden.

Nenne uns eine Sache, die man als erfolgreiche/r Freelancer/in unbedingt tun sollte!

Man muss vor allem professionell und diszipliniert arbeiten. Ich hab mit Kunden gesprochen, die sehr zögerlich waren, einen Freelancer zu engagieren, weil sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben, insbesondere was die Zuverlässigkeit angeht. Da wurde beispielsweise ein hoher Remote-Anteil vereinbart und dann wurden aber wichtige Termine nicht eingehalten. Das ist für das Unternehmen ärgerlich, weil es natürlich viel Geld bezahlt und darum auch eine gewisse Zuverlässigkeit erwarten können sollte. Für alle anderen, professionell arbeitenden Freelancer ist es aber ebenfalls ärgerlich, weil der Ruf der ganzen Freelance-Branche unter so etwas leidet und diese Unternehmen sich dann in Zukunft zweimal überlegen, ob sie nochmal mit Freelancern zusammenarbeiten.

Mit Disziplin meine ich vor allem, dass man sich selbst hin und wieder einen Arschtritt verpassen muss und nicht davon ausgehen sollte, dass es immer gut läuft und die Projekte einem nur so zufliegen. Man muss regelmäßig sein Netzwerk erweitern, Gespräche mit potentiellen Neukunden führen und sich auch mal nach Feierabend für den nächsten potentiellen Job weiterbilden – ob man darauf nun gerade Lust hat oder eigentlich lieber die neueste Serie bei Netflix gucken oder mit den Freunden ein Feierabendbier trinken wollen würde. Aber das gehört einfach zum Leben als erfolgreicher Freelancer dazu. Das sollte einem bewusst sein. Gerade in einem Bereich wie der Tech-Branche passiert so viel. Wenn man da nicht am Ball bleibt, bekommt man schnell Probleme.

Und eine Sache, die man auf gar keinen Fall tun sollte?

Das Freelancing unterschätzen und zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Sich davon blenden lassen, dass die Bezahlung auf dem Papier erstmal verlockend hoch erscheint und alles andere ausblenden. Man muss sich regelmäßig gegen den Wettbewerb behaupten, Mitbewerber ausstechen. Man hat regelmäßig Interviews, die, egal wie viel Routine man auch irgendwann hat, immer wieder aufs neue stressig und vor allem zeitintensiv sind. Und dann hat man, wie gesagt, die Eigenverantwortung, dass man sich selbst darum kümmern muss, dass es läuft. Kein Sales Manager mehr, der einem die Aufträge akquiriert. Kein Chef mehr, der die Steuern oder die Versicherungsbeiträge für einen abführt. Das sollte man nicht unterschätzen. Und man sollte vor allem auch nicht denken, dass das schon alles irgendwie auch so funktioniert, auch wenn man sich nicht oder nur wenig um solche Themen kümmert. Als Freelancer ist man Dienstleister. Unternehmer auf eigene Faust. Das sollte man sich bewusst machen und verinnerlichen. Sonst gibt es irgendwann ein böses Erwachen.

Was war oder ist dein schönstes Kundenprojekt? Was hat dabei besonders gut geklappt?

Ich hatte viele schöne, aber auch einige nicht so schöne Kundenprojekte. Glücklicherweise überwiegen die schönen Projekte. Am schönsten sind natürlich immer die Projekte, die aus den verschiedensten Gründen neben viel Arbeit auch noch viel Spaß machen und die am Ende ein positives Ergebnis für alle Seiten haben. Der Kunde ist glücklich, der Freelancer stolz auf die Arbeit, die er abgeliefert hat und am Ende ist vielleicht sogar die ein oder andere bleibende Freundschaft mit Kollegen aus dem Projekt dabei herausgekommen.

Die schönsten Kundenprojekte sind in der Regel die, in denen sich der Kunde mit dem eigenen Profil beschäftigt hat, eine gute Vorstellung hat von dem, was man leisten kann und will und man dann auch Dinge im Projekt beitragen kann, von denen man wirklich Ahnung hat. Das ist dann für alle Seiten sehr zufriedenstellend, weil ich die Dinge machen kann, die mir Spaß machen und in denen ich wirklich gut bin, und der Kunde sich auf der anderen Seite natürlich freut, weil das Ergebnis einfach top ist. Das eine schönste Kundenprojekt herausstellen möchte ich dabei gar nicht. Da gab es einige, die alle auf ihre eigene Art und aus den verschiedensten Gründen sehr schön waren. Weil man ein ganz bestimmtes Kundenproblem gut gelöst hat, weil man eine ganze Menge im Projekt gelernt hat und dabei wichtiges Wissen gewonnen hat, das in Zukunft mal hilfreich sein wird, oder auch weil man tolle Kollegen hatte, mit denen man auch noch lange über das Projekt hinaus in Kontakt geblieben ist.

Woran arbeitest du gerade neben deinen Auftragsjobs?

Da gibt es eine ganze Menge. Leider, muss ich da manchmal sagen, weil ich mitunter gern mal den Fokus verliere bei sowas. Ich mache viel Open-Source-Arbeit in meiner Freizeit, pflege z.B. ein eigenes React-Starter-Projekt, in das ich regelmäßig Learnings und Best Practices aus meinen Projekten einfließen lasse, beteilige mich mit Bugfixes oder Bugreports an anderen Open-Source-Projekten oder schreibe gelegentlich Artikel über softwarerelevante Themen.

Ich probiere mich auch immer mal wieder an der Entwicklung eigener Produktideen, was zumeist jedoch daran scheitert, dass meine Ideen zu ambitioniert sind und ich die unmöglich alleine umsetzen kann. Ein Problem, das viele Entwickler vermutlich sehr gut aus eigener Erfahrung kennen.

Und seit dem letzten Sommer arbeite ich auch wieder sehr eifrig daran, mein Golf-Handicap zu verbessern, um auch mal ein Leben außerhalb des Internets zu führen und einen Ausgleich zu haben, damit ich auch mal etwas entspannen und runterkommen kann.

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